Innovative Pädagogik für 2021 #100DaysToOffload

Zum neunten Mal legt das Institute of Educational Technology an der Open University UK seinen Bericht „Innovating Pedagogy“ [PDF] vor – diesmal zusammen mit dem Institute of Online Education and der Bejing Foreign Studies Universities – und stellt zehn kurze Skizzen innovativer Pädagogik vor.

Dem Bericht vorangestellt ist die Frage, was mit „innovativ“ gemeint ist: neue oder verändernde Theorien des Lehrens und Lernens, die durch Technologien ermöglicht oder unterstützt werden (S. 6). Obwohl die Arbeit am Report zu Zeiten der Corona-Krise begonnen wurde, betonten die Autor:innen, dass er keine direkte Reaktion darauf ist. Das erscheint sinnvoll, wenn man bedenkt wie provisorisch die pädagogische Arbeit oftmals war (siehe dazu z.B. diese Zusammenstellung des DAAD). Je nachdem wie sehr sich Schulen, Hochschulen und andere Bildungseinrichtungen mit Medienpädagogik und der dazu notwendigen Technologie schon auseinandergesetzt hatten, konnten relativ rasch digital-gestützte Lehr- und Lernformate implementiert werden. Der hohe Bedarf an Ratgebern für Einsteiger:innen (siehe hier HFD Sonderseite „Hochschulen und Corona: Was jetzt?) legt nahe, dass die Voraussetzungen für digitale Lehre mitunter nicht vorhanden waren und zudem ungleich verteilt.

Nun aber zu den Beispielen, die grundsätzlich wenig technikgetrieben erscheinen. Es fallen wenig Buzzwords (AI, Machine Learning, IoT oder Blockchain), sondern es dominieren pädagogisch-reflektierte Konzepte. Zum Teil handelt es sich um lange bekannte Forschung aus der Psychologie wie den lernwirksamen Zustand des Flows – das Aufgehen im Tun bei optimalen Bedingungen von Anforderungen einer Aufgabe und persönlichen Fähigkeiten. Bereits 1975 erschien das wegweisende Buch zu Flow und wirft somit die Frage auf, warum es im Report an erster Stelle („best learning moments) genannt wird. Ich sehe es als Beleg für das später genannte Konzept „evidence-based teaching“, da Flow in der Forschung sehr gut belegt ist und es darum als Gestaltungsprinzip für (digitale) Lehr- und Lernumgebungen adaptiert werden kann. Was einen Flow im traditionellen Klassenzimmer ausgelöst hat, lässt sich – Binsenweisheit – nicht einfach so auf digitale Formate übertragen, sondern muss neu geplant und gestaltet werden. Ein Beispiel dafür ist das zweite Konzept „erweiterte Realität“, d.h. Flow kann über AR, VR oder MR ausgelöst werden und zu immersiven Lernen führen.

Während Flow ein aus der Motivationspsychologie für die Didaktik aufbereitetet Konzept ist, gibt es im Bericht auch genuin pädagogische Ideen. Dazu gehören Dankbarkeit (gratitude), Chancengerechtigkeit (equity) und Partizipation / Ko-Kreation und die vielleicht noch nischenhafte „Hip-hop based education“ (ich kannte das zuvor nicht). Allen wird ein hoher Impact zugesprochen und Hinweise gegeben, wie sie sich im Bildungsalltag umsetzen lassen (z.B. aus Studien abgeleitete Schlussfolgerungen). Der Report kann hier aus Platzgründen nicht sehr in die Tiefe gehen, sondern vieles nur andeuten. Meine Empfehlung für eine umfassende Einführung in pädagogisches Denken, die auf exzellente Weise Praxiserfahrungen aus der Hochschullehre einwebt, ist „Radical Hope – a teaching manifesto“ von Kevin Gannon.

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